“Bluebird” ist ein fantastischer kleiner, stiller Film über Schuld, und erzählt, wie ein tragischer Unfall das Leben verschiedener Personen auf den Kopf stellt. In dieser Hinsicht hat er mich an den letztjährigen “Margaret” erinnert, wobei das ja in erster Linie eine One-Woman-Show von Anna Paquin war und sich in erster Linie um ihre Titelperson drehte, während die Aufmerksamkeit in “Bluebird” auf mehrere Figuren verteilt ist. Beim Check des Schulbusses wird die Fahrerin Lesley von einem Vogel abgelenkt, und vergisst daraufhin, auch die restlichen Reihe zu überprüfen. Am nächsten Morgen findet sie einen kleinen Jungen mit Erfrierungen in einer der hinteren Reihen liegen. Lesley ist nicht die Einzige, der ein Vorwurf zu machen ist – hätte ihn doch eigentlich dessen Mutter (wobei ihr Sohn die meiste Zeit bei seiner Großmutter verbringt) vom Schulbus abholen sollen. Diese ist jedoch zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und hat daher darauf vergessen. Ihr Sohn wird ins Krankenhaus gebracht und liegt dort im Koma. Nun versucht Lesley irgendwie, mit ihrem tragischen Versäumnis fertig zu werden. Seine Mutter Marla wiederum beschließt in eine Versuch, die Schuld einzig und allein Lesley zuzusprechen, einen Anwalt zu beauftragen. Sie behauptet zwar, es sei wegen des Geldes, meine Interpretation war jedoch viel mehr, dass es ihr um Absolution geht. Wenn ein Gericht feststellt, dass Lesley am Zustand ihres Sohnes schuldig ist – bedeutet das nicht zugleich, dass sich Marla nichts vorzuwerfen hat? An Lesleys Mann, der selbst in der Arbeit mit Problemen zu kämpfen hat, gehen die Ereignisse ebensowenig spurlos vorüber wie an ihrer Tochter Paula. Vor dem Hintergrund einer sterbenden Kleinstadt in Maine und der dortigen malerischen, wenn auch kalten und kargen Landschaft, entspinnt sich ein sehr gutes Drama, das zudem mit phantastischen schauspielerischen Leistungen aufwarten kann – wobei mich neben Amy Morton vor allem noch Loiusa Krause begeistert hat. Mein Höhepunkt: Die Konfrontation zwischen Lesley und Marla, die ich für eine der eindringlichsten und “ehrlichsten” Szenen des heurigen Kinojahres halte. Insgesamt ist “Bluebird” jedenfalls ein wirklich gelungenes, stilles, gemächliches und unaufgeregtes Drama, das aufzeigt, wie die Kumulation vereinzelter Missgeschicke und Zufälle Leben verändern und gar zerstören kann.
8/10
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