Beginnen wir mit dem offensichtlichsten Kritikpunkt: Ja, “Dark Touch” hat zweifellos ein paar Ähnlichkeiten mit “Carrie”. Auch hier geht es um ein junges Mädchen, das zunehmend über telekinetische Kräfte verfügt, und diese dazu benutzt, um sich an den Menschen in ihrer Umgebung zu rechnen. Und doch ist “Dark Touch” weit mehr als eine reine Kopie. So setzt sich der Film sehr stark mit der Thematik des Kindesmissbrauchs auseinander, und zeigt auf, welch Auswirkungen dieser auf die Psyche der Opfer hat. Eben diesem Zugang verdankt “Dark Touch” auch einige der besten Szenen, die wirklich unter die Haut gehen. Aber auch der übernatürliche Zugang zu dieser Thematik ist interessant. Niamh, dargestellt von einer überragenden Missy Keating, macht anfangs noch das Haus für die schrecklichen Dinge verantwortlich, die ihren – sie regelmäßig missbrauchenden – Eltern wiederfahren, und ist verängstigt da sich ständig Dinge von selbst zu bewegen scheinen. Erst im weiteren Verlauf, als sie ihre Fähigkeiten schließlich einsetzt, um zwei andere von ihrer Mutter misshandelten Kindern zu retten, erkennt sie, dass vielmehr sie dafür verantwortlich ist, und erkennt die große Macht über die sie verfügt. Ein grandioser Moment, phantastisch gespielt – man erkennt, wie sie sich einerseits vor sich selbst fürchtet, und ihren Fähigkeiten, und andererseits von dieser dunklen Macht berauscht wird. Auch eine kurz darauffolgende Szene in der Schule, als sie sich der Psychologin anvertraut – die ihr natürlich nicht glaubt – ist phantastisch.
“Dark Touch” steuert konsequent auf ein tragisches Ende zu. Aufgrund dem, was ihren Eltern widerfahren ist, wird Niamh von ihren SchulkollegInnen gemieden. Noch schlimmer wird die Situation, als nach dem Tod der Mutter der beiden misshandelten Kinder Gerüchte aufkommen, dass sie auf irgendeine Art und Weise dafür verantwortlich sein oder zumindest den Täter kennen könnte. Auch in ihrem neuen Zuhause selbst droht die Lage zunehmend zu eskalieren. Aufgrund ihrer eigener Erfahrungen kann sie sich nicht vorstellen, dass ihre neuen Eltern auch wirklich liebevoll sein können, und ihre Zuneigung ernst meinen. Bestärkt wird sie von Photos, die sie von einem an Krebs gestorbenen weiteren Kind ihrer neuen Familie entdeckt, das blaue Flecken aufweist – die Erklärung dafür, dass sie sich oft beim Spielen verletzt hat, erfährt nur der Zuschauer. Als Folge davon befürchtet sie hinter jeder Geste Schläge und Misshandlungen. Ich kann nur immer wieder betonen, wie beeindruckend Missy Keating in dieser Rolle ist. Man kann gar nicht anders, als mit ihr mitfühlen. Es gibt so viele Szenen, die unter die Haut gehen. Nehmt nur Niamhs Reaktion als ihre neue Mutter ihr sagt, sie soll ein braves Mädchen sein.
Das Einzige, was den Film meines Erachtens ein wenig herunterzieht, ist das Ende. Das mit der Schule ist zwar ebenfalls noch sehr erschreckend, ihre Motivation konnte ihr aber hier schon vergleichsweise weniger gut nachvollziehen. Vor allem aber fand ich das Finale im früheren Haus ihrer Eltern irgendwie nicht so gelungen. Nicht schlecht, aber einen anderen Ausgang des Geschehens hätte ich vorgezogen. Mehr kann ich leider nicht sagen, ohne zu spoilern. Trotz dieses Mankos sei “Dark Touch” allen Fans von ruhig-atmosphärisch-düster-erschreckenden (letzteres nicht aufgrund von Schockeffekten, sondern der behandelten Thematik) wärmstens empfohlen. Jedenfalls hoffe ich auf einen baldigen regulären Release!
8/10