Ich habe es in meinem Blog-Eintrag zu “S-V/H/S” und davor auch schon in unzähligen Reviews erwähnt: Ich bin nicht unbedingt ein Freund des Found Footage-Horrors – aus mehreren Gründen. Einerseits, da sich viele nicht an die Regeln halten. Nehmt “S-V/H/S”. Behauptet, es würde sich um found footage handeln, und dann gibts Filmmusik, Untertitel, usw. Sorry, aber wenn, dann müsst ihr das auch konsequent durchziehen, und das Konzept nicht nur dafür verwenden, an den Kamera-Kosten zu sparen. Andererseits wiederum… hält man sich an diese Regeln, zwingt man sich zugleich inszenatorisch in ein ziemlich enges Korsett, und die Wirkung des Endresultats – z.B. ohne Filmmusik – bleibt für mich oftmals hinter “gewöhnlichen” Filmen zurück. Vor allem aber gewinnt ein Film dadurch, dass er mir vorgaukelt all dies wären “echte” Aufnahmen nicht an Wirkung. Im Gegenteil: Denn während ich mich im Zuge eines Horrorfilms gerne auf übersinnliche Elemente einlasse, glaube ich an so etwas in der Realität nicht. Damit erziehlt man letztendlilch bei mir oftmals paradoxerweise die gegenteilige Wirkung, also WENIGER Plausibilität als mehr. Nichtsdestotrotz gibt es durchaus ein paar gelungene Vertreter des Genres. Zu denen zähle ich auch – trotz des absolut bescheuerten Verhaltens der Studenten, das mir den Film ansatzweise verdorben hat – einen der populärsten found footage-Filme, der zudem ihre Ära in gewisser Weise erst eingeläutet hat: “The Blair Witch Project”. Damals war das ganze halt noch vergleichsweise frisch und innovativ. Viele Filme versuchten dann in seinem Fahrwasser einen ähnlichen Erfolg einzufahren, wobei für mich dann die besagten Kritikpunkte mangels des “Das ist einmal was neues”-Charakters zumeist stärker durchschlugen.
Auftritt Bobcat Goldwaith, der sich für einen meiner Lieblingsfilme des letztjährigen /slash Filmfestivals (“God Bless America”) verantwortlich zeichnet. Er führt das Genre wieder zu den “Blair Witch”-Anfängen zurück. Einerseits erinnert sein Film von Konzept und Aufbau sehr an diesen (auch hier zieht ein Independent-Filmteam los um eine Doku über ein mysteriöses Phänomen – nämlich Bigfoot – zu drehen), andererseits hält er sich an die dort aufgestellten Regeln, und bleibt dem found footage-konzept treu. Soll heißen: Keine Filmmusik, und auch sonst keine Anzeichen einer Nachbearbeitung des “gefundenen” Filmmaterials. Zugleich schafft er es, einige “Fallen” des Genres zu umgehen. So ist “Willow Creek” nicht übertrieben auf amateurhaft getrimmt. Bei vielen Regisseuren von Found Footage-Filmen bekommt man ja oftmals den Eindruck, die halten jeden Hobby-Filmer der nicht auf eine Filmschule gegangen ist für einen völligen, oftmals an Parkinson leidenden Dilettanten – was angesichts der Tatsache, wie sehr sich die Profi-Regisseure in den letzten Jahren zunehmend an früher als amateurhaft geltende Stilmittel wie Wackelkamera, Zooms innerhalb einer Einstellung etc. angepasst haben, nicht einer gewissen Ironie entbehrt. “Willow Creek” sieht wirklich so aus, wie auch ich mir einen Amateur-Film vorstelle. Zudem erspart er uns irgendwelche Vollspackos wo wir es eigentlich schon gar nicht mehr erwarten können bis sie endlich abkratzen, sondern macht uns die beiden Hauptprotagonisten wirklich sympathisch – so dass wir später dann auch entsprechend mit ihnen mitfiebern und zugleich dem vermeintlich tragischen Ausgang des Geschehens mit Grauen entgegensehen.
Dies bedeutet allerdings auch, dass sich der Kinobesucher/DVD-Ausleiher auf einen doch eher gemächlichen Einstieg gefasst machen sollte. Ich habe nicht mitgestoppt, würde aber vermuten, die erste 3/4-Stunde ist in erster Linie von düsterer Vorahnung und der Vorstellung der Figuren geprägt, weist für sich genommen aber noch keine furchterregenden Momente auf. Dafür sind diese wenn sie später dann kommen umso wirkungsvoller. Erinnert ihr euch noch an die Zelt-Szene aus “Blair Witch”? So was ähnliches gibts hier auch, nur meines Erachtens 10x effektiver. Eine grandiose Szene ohne Schnitt (klarerweise), die über mehrere Minuten hinweg eine unglaublich angsteinflößende Atmosphäre aufbaut. Damit sind wir zugleich leider auch schon beim größten Manko des Films: Denn alles was danach kommt kann sich mit diesem Höhepunkt nicht mehr messen. Zumal sich Goldwaith hier dann leider auch das eine oder andere zweckmäßige, ebenfalls an “Blair Witch” erinnernde Klischee (so verläuft man sich natürlich, und kommt zwei Mal am gleichen Baum vorbei) nicht verkneift. Auch das Ende weckte etwas zu starke Erinnerungen an “Blair Witch” und “[Rec]”, wirkte daher wenig originell, und verlor für mich dadurch doch ein wenig an Wirkung. Schade – ohne dieses Manko der letzten paar Minuten hätte “Willow Creek” in meiner Gunst sogar die besagten beiden überholen und wertungstechnisch an “God Bless America” anknüpfen können. Ein Pflichttermin für alle Fans dieses Horror-Subgenres ist “Willow Creek” meines Erachtens aber dennoch – sofern man sich auf den etwas langsamen, gemächlichen und ruhigen Einstieg einlassen kann.
7/10
Also mir hat das Ende echt gut gefallen. Es war zwar stimmungstechnisch dann eigentlich noch einmal ein kompletter Umschwung und ziemlich WTF-y, aber gerade das hat mir gut gefallen. Auf jeden Fall besser als das Ende von [Rec].
Zuerst mal Danke für die Kommentare. Ich hatte in den letzten Tagen, seit Ende des /slash Filmfestivals, irgendwie völlig auf meinen Blog vergessen, und dass ich da ja noch voll hinterherhinke ;).
Ich fand das Ende von Willow Creek nicht unbedingt schlecht – aber es kam für mich halt einfach nicht mehr an die geniale, packende Zelt-Szene heran und insgesamt finde ich, bis auf ein paar Minuten Laufzeit hätte der Film nichts verloren, wenn Bobcat Goldthwait das eigentliche Ende gleich an die Zelt-Szene drangepackt hätte. Somit waren es für mich 10 verschwendete Minuten.
Es ist sicher richtig, dass die Zelt-Szene die stärkste des Filmes war. Aber ich fand’s gut, dass sich der Film dann noch ein bisschen Auslaufzeit genommen hat und nicht von 100 auf aus gegangen ist. Zu lange ist er mir nicht vorgekommen. 🙂
Ich bin auch immer noch an reviews schreiben. Ich bin immerhin schon bei Hail angekommen (beim Schreiben, noch nicht beim Veröffentlichen)… Wenn ich dran denk, dass dann gleich heute Abend auch das Viennale-Programm kommt… pfuh.